1871, also heute vor 150 Jahren wurde als Ergebnis der Kommunalwahlen die "Pariser Commune" gegründet. Frankreich war von der preussischen Armee besetzt, nach einem von Napoleon III angezettelten Krieg mit dem dieser in dem von einer schweren Krise geschüttelten Frankreicheinem Volksaufstand zuvor kommen wollte.
Wenn man sich eine Vorstellung davon machen will, wie eine befreite Gesellschaft jenseits des Kapitalismus aussehen könnte, dann sollte man sich die Pariser Kommune anschauen.
Gesetze, Dekrete und Maßnahmen der Pariser Kommune:
Staat und Kirche wurden getrennt
Schulen wurden den Kindern aller Schichten zugänglich gemacht
das stehende Heer zugunsten einer Volksmiliz abgeschafft
leerstehende Gebäude den Obdachlosen zur Verfügung gestellt
die Arbeitszeit von 16 auf 10 Stunden verkürzt
Erstmals erhielten die Frauen per Dekret das Recht auf Arbeit und auf den gleichen Lohn wie Männer
Das Scheidungsrecht für Frauen wurde eingeräumt
eheliche und uneheliche Kinder vom Gesetz her gleichgestellt
Direkte Demokratie – Wählbarkeit und Abwählbarkeit auch der Beamten
Kürzung des Gehalts aller Beamten auf die Höhe eines herkömmlichen ArbeiterInnenlohnes
Jederzeitigen Abwählbarkeit der Regierung und ebenfalls gleicher Lohn für die Kommunarden
die Fabriken geflohener Werksbesitzer gingen in gesellschaftliches Eigentum über und wurden unter ArbeiterInnenkontrolle weitergeführt
Offene Mietzahlungen wurden erlassen
mit einem Dekret vom 21. Mai wurden die Theater der Volksbildungskommission unterstellt.
Viele der in Paris verbliebenen Theaterschaffenden, Komponisten und Maler stellten ihre Kunst in den Dienst der Kommunarden.
Mitglieder der Nationalgarde, Arbeiter und Frauen aus dem Volk nahmen erstmals selbstbewusst Besitz von den kulturellen Reichtümern.
Ein Dekret vom 12. Mai 1871 beauftragte den bekannten Maler Gustave Courbet, die Pariser Museen gemeinsam mit einer Künstlergenossenschaft zu übernehmen, die Kunstwerke zu bewahren und Ausstellungen für ein breites Publikum vorzubereiten. In diesem Sinne lehnte die Kommune auch das Ansinnen englischer Kapitalisten ab, wertvolle Gemälde aus dem Louvre zu erwerben
Ich spare mir weitere Details, ihr findet sie ohne Mühe im Netz, zB hier bei der IG Metall :
„Tage der Kommune“
Nur soviel noch : Es gab auch in einigen anderen grossen Städten wie Lyon, Montpellier etc. ähnliche Kommunegründungen. Angesichts dieser für die französische Bourgeoisie sehr bedenklichen Entwicklung hat die Regierung unter Thiers die preussische Armee um die Freilassung der französischen Kriegsgefangenen gebeten. Bismarck hatte erkannt was auch für Preussen-Deutschland auf dem Spiel stand und hat dieser Bitte entsprochen. Mit ca 160 000 gut ausgerüsteten und mit entsprechenden Gräuel-Geschichten aufgehetzten Soldaten wurde die Pariser Kommune in Blut erstickt. In der "Blutwoche" wurden in Paris ca. 29 000 Menschen in den Kämpfen getötet, auf einfachen Verdacht hin standrechtlich erschossen, zum Tode verurteilt und sofort erschossen. In den Arrondissements der gehobenen Schichten hatten sich nicht wenige Bourgois von ihren Fenstern aus mit ihren Jagdgewehren an dem Abschlachten des "Pöbels" beteiligt. Ca 7 000 wurden verurteilt und zur Zwangsarbeit in die Verbannung nach Neu-Caledonien, Algerien oder in eine der anderen Kolonien verfrachtet. 1878 hat die Republik die Amnestie für alle Verurteilten der Pariser Kommune ausgesprochen, die Verbannten und die im Exil lebenden konnten zurückkehren.
Resolution der Kommunarden, Bertold Brecht
In Erwägung unsrer Schwäche machtet
Ihr Gesetze, die uns knechten solln.
Die Gesetze seien künftig nicht beachtet
In Erwägung, daß wir nicht mehr Knecht sein wolln.
In Erwägung, daß ihr uns dann eben
Mit Gewehren und Kanonen droht
Haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben
Mehr zu fürchten als den Tod.
In Erwägung, daß wir hungrig bleiben
Wenn wir dulden, daß ihr uns bestehlt
Wollen wir mal feststelln, daß nur Fensterscheiben
Uns vom guten Brote trennen, das uns fehlt.
In Erwägung, daß da Häuser stehen
Während ihr uns ohne Bleibe laßt
Haben wir beschlossen, jetzt dort einzuziehen
Weil es uns in unsern Löchern nicht mehr paßt.
In Erwägung: es gibt zuviel Kohlen
Während es uns ohne Kohlen friert
Haben wir beschlossen, sie uns jetzt zu holen
In Erwägung, daß es uns dann warm sein wird.
In Erwägung: es will euch nicht glücken
Uns zu schaffen einen guten Lohn
Übernehmen wir jetzt selber die Fabriken
In Erwägung: ohne euch reicht's für uns schon.
In Erwägung, daß wir der Regierung
Was sie immer auch verspricht, nicht traun
Haben wir beschlossen, unter eigner Führung
Uns nunmehr ein gutes Leben aufzubaun.
In Erwägung: ihr hört auf Kanonen -
Andre Sprache könnt ihr nicht verstehn -
Müssen wir dann eben, ja, das wird sich lohnen
Die Kanonen auf euch drehn!