Die Flut aus Plastik-Müll:
Bla-Bla-Ministerin Schulze
Berlin (LiZ). Innerhalb von 20 Jahren hat sich in Deutschland die Flut aus Plastik-Müll mehr als verdoppelt. 1.400 Tonnen deutscher Plastik-Müll landet jedes Jahr im Meer. Die deutsche "Umwelt"- und Atom-Ministerin Svenja Schulze kündigte nun einerseits eine "Trendwende im Umgang mit Plastik-Müll" an - andererseits orientiert sie sich an ihrer Amtsvorgängerin und versucht sich durchzumogeln: In einem "Dialog mit dem Handel" will sie auf "freiwillige Selbstverpflichtung" setzen. Schon 2015 bediente die damalige "Umwelt"- und Atom-Ministerin Barbara Hendricks die Interessen der Produzenten von Plastiktüten und des Handels: Sie entschied gegen eine gesetzliche Regelung und stimmte einer "freiwilligen Selbstverpflichtung" des Handelsverbandes Deutschland (HDE) zu, wonach der Handel freiwillig einen nicht näher festgelegten Preis für Plastiktüten erheben will (Siehe hierzu unsere Artikel v. 21.12.15 und Artikel v. 1.01.18 .
Dabei hat sich in vielen Jahren längst herausgestellt, daß auf "freiwillige Selbstverpflichtungen" - bekanntestes Beispiel: Automobil-Industrie - kein Verlaß ist. Selbst wenn einzelne Unternehmen solche "Selbstverpflichtungen" nicht ausschließlich als kostenloses Werbemittel betrachten, sondern ernsthaft auch die Umsetzung planen, scheitert dies unter dem im Kapitalismus unausweichlichen Zwang zur Profitmaximierung an der Konkurrenz.
Svenja Schulze hat nun zugleich einen "Fünf-Punkte-Plan" präsentiert. Umwelt-Organisationen weisen allerdings darauf hin, daß es darin an verbindlichen Vorgaben mangelt. So ist darin der nette Vorschlag enthalten, kostenlose Trinkwasserspender sollten zukünftig in allen Städten an öffentlichen Orten Leitungswasser verfügbar machen. Die Umsetzung fällt jedoch nicht in ihre Kompetenz als Bundesministerin.
Ebenso offensichtliches Bla-Bla ist ihre Ankündigung, mit dem Handel einen "Dialog" über die Reduzierung von Verpackungen zu starten. Realsatire ist es, wenn Schulze dabei die "Selbstverpflichtung" des Handels, Plastiktüten nicht mehr umsonst anzubieten, als "Vorbild" benennt.
Umwelt-Organisationen kritisieren, daß die Ankündigung von Ministerin Schulze kaum über die der Europäischen Union hinausgehe. Rolf Buschmann vom BUND sagte, es fehle an Verbindlichkeit für den Fall, daß der "Dialog" nicht fruchte. Und Heike Vesper vom WWF kann "insgesamt wenig neue Akzente" der Ministerin erkennen. Auch dem Bundesverband der Entsorgungswirtschaft (BDE) geht der "Fünf-Punkte-Plan" nicht weit genug. Eine "Verpflichtung zu Mindestmengen von Rezyklaten in neuen Produkten" könne einen "echten Markt" für das wiederverwertete Material schaffen, fordert BDE-Präsident Peter Kurth.
Laut Umweltbundesamt fielen in Deutschland im Jahr 2015 (jüngste Statistik) 5,9 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle an.
Die Menge hat sich seit 1994 mehr als verdoppelt. Von den 5,9 Millionen Tonnen Kunststoffabfällen des Jahres 2015 finden sich
- 2,9 Millionen Tonnen im Hausmüll
- rund 1 Million Tonnen werden exportiert
- 3,8 Millionen Tonnen landen im "thermischen Recycling" - sprich: sie werden verbrannt
- 1,1 Millionen Tonnen tatsächlich recycelt.
Die drei mengenmäßig wichtigsten Kunststoffe dominieren auch den Kunststoffabfall: Von der Gesamtabfallmenge entfielen 2,29 Millionen Tonnen - entsprechend 38,7 Prozent - auf Polyethylen (PE), 0,99 Millionen Tonnen Prozent - entsprechend 16,8 Prozent - auf Polypropylen (PP) und 0,67 Millionen Tonnen - entsprechend 11,3 Prozent - auf Polyvinylchlorid (PVC). Würde PVC endlich konsequent verboten und sowohl PE als auch PP sortenrein gesammelt, wäre ein hochwertiges Kunststoff-Recycling von 70 bis 80 Prozent der anfallenden Kunststoffabfälle möglich. Technisch realisierbar ist dies seit mehr als 30 Jahren. Zugleich wäre dies eine drastische Reduktion der Energieverschwendung. Im Falle von PE und PP ist diese Energieverschwendung zugleich eine Verschwendung des kostbaren Rohstoffs Erdöl. Energie-Effizienz ist außerdem angewandter Klimaschutz.
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Mikroplastik im Ackerboden
Noch mehr als im Wasser? (14.06.18)
Mikroplastik und Umweltgifte in Antarktis
Greenpeace schlägt Alarm (7.06.18)
Fortschritt bei Plastiktüten
in Griechenland (1.01.18)
Anti-Umwelt-Ministerin Hendricks killt Mehrweg
Trittins Zerstörungs-Projekt in Endphase (8.03.17)
30 Plastiktüten in totem Wal
Artenvernichtung funktioniert effektiv (2.02.17)