Der Kampf um die Moral:
Marxismus und Religion
Von Siegfried Buttenmüller
Kardinal Marx erwartet die Renaissance des Marxismus: "Marx hatte in einigen Bereichen durchaus recht" sagt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, über seinen Namensvetter Karl Marx. Etwa was er über die Akkumulation des Kapitals und den Warencharakter der Arbeit sagte, so der ranghöchste Katholik Deutschlands, stimme er ihm zu.
Marxismus und vor allem die Religion haben eine sehr lange und differenzierte Geschichte. Natürlich geraten die Religionen genau wie die Ideologien und sonstige Massenorganisationen auch mitten in die materielle, gesellschaftliche und politische Entwicklung und vor allem auch in die Klassenauseinandersetzungen hinein. Die gesellschaftlichen Konflikte und Entwicklungen spiegeln sich innerhalb der Religionen und Ideologien und diese Organisationen werden zum Schlachtfeld. So kommt es das historisch gesehen die Christen die größten Feinde der Christen sind und Sozialisten die größten Feinde und Schlächter der Sozialisten. Nimmt man die Verwandten monotheistischen Religionen sowie die Ideologien zusammen kommt man zu selbigem Ergebnis.
Es gibt praktisch ein allgemeines hauen und stechen wobei keiner genau weis wer „Freund oder Feind" ist weil Alle mehr oder weniger von Gegnern und „Renegaten" unterwandert sind. Die von Marx und Engels begründete wissenschaftlichen Gesellschaftsanalyse, die auf der Denkweise des Dialektischen Materialismus basiert, ist in der Lage die Fronten zu klären und ist ein Kompaß.
Aktuell haben wir es in Deutschland aber auch weltweit mit einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit dem Populismus zu tun. Das „Abendland", die „weiße Rasse", die „Nation", das „Selbstbestimmungsrecht der Völker", der „Humanismus", der „wahre Glaube" usw. müssen angeblich verteidigt werden, so die populistische Denkweise. Diese Denkweise basiert auf der kapitalistischen Krise und auf dem Gegensatz der Denkweise des Dialektischen Materialismus von Marx und Engels, also auf verschiedenen idealistischen und metaphysischen Ausformungen und oft mit blankem Materialismus oder blanker Dialektik gekreuzt. Da hätten wir zum Beispiel Friedrich Nitzsche, den extremen Sozialdarvinisten und Liebling der Faschisten wie Mussolini und Hitler, die ihn beide sehr großzügig gefördert haben. Nietzsche war radikaler Gegner jeder Sozialen Bewegung und auch jeder religiösen Sozialmoral. Nur der „Stärkere" sollte etwas zu sagen haben und alle sozial Schwachen sollten versklavt oder ausgemerzt werden, einschließlich der Frauen und sonstiger „Untermenschen". Nietzsches Nihilismus und Antimoral trat schon sehr früh der Sozialist, Spartakist und Marxist Franz Mehring entgegen, noch bevor der Faschismus überhaupt ein Thema war.
Als Wissenschaftler widerlegte der Anarchist Alexander Krapotkin mit seinem Werk: „Gegenseitige Hilfe in der Mensch und Tierwelt" bereits 1902 diese sozialdarvinistischen Auffassungen gründlich. Durch Imanishi Kinji, Ashley Montagu und Adolf Portmann wiederentdeckt und aufgearbeitet sind Krapotkins Entdeckungen heute Basis in mehreren Naturwissenschaften.
Als weiterer Vertreter der populistischen Denkweise kann unter anderem Robert Heidegger gelten, den die NSDAP zum Leiter der Freiburger Universität (Schwerpunkt Geisteswissenschaften) gemacht haben und der ihnen „wissenschaftlich" und antimarxistisch mit anderen den Weg geebnet hat. In Freiburg gerade auch in der Auseinandersetzung nicht nur mit Linken sondern auch mit katholischen Studenten und Wissenschaftlern.
Die eigentliche Front ist die Denkweise und auch die Moral, wenn man so will. Die Moral hat sich in Jahrtausenden Entwickelt und ist in der Gesellschaft tief verankert. Die Menschheit konnte eben nur mit gegenseitiger Hilfe erfolgreich sein, nur daß ist ihre Stärke. So ist es eben gegen die Moral und unsere Prinzipien das wir nicht wollen das Millionen Menschen verdursten, verhungern, auf der Flucht ertrinken, an Grenzzäunen elend sterben oder dem Krieg zum Opfer fallen usw. Es ist gegen unsere Moral und gegen unsere Natur Migranten auszugrenzen, schwache zu versklaven und zu unterdrücken. Und es ist auch gegen unsere vitalen Interessen da Populismus auch heute ökonomisch nur verderben bringt. So ist der „Erfolg" der Populisten auch immer ihre Niederlage da sich diese Politik gegen die Natur des Menschen richtet und allenfalls großen Schaden anrichten kann.
Wo ist aktuell die Front heute, wie entwickelt sich die Auseinandersetzung mit dem Populismus und seiner Stoßrichtung gegen die Moral und die menschliche Natur heute ?
Der Populismus musste vor allem auf dem Gebiet der Religion eine schwere Niederlage einstecken. Gegen „die Islamisierung des „Abendlandes" traten AfD und Pegida an. Die Antwort der großen Amtskirchen, in denen AfD und Pegida Einfluss gewinnen wollten, war das aus Protest Glocken gegen Pegida läuteten, das Licht abgestellt wurde usw. Auf dem Katholikentag in Leipzig unter anderem war die AfD unerwünscht und die Kirchen beteiligten sich an den Helferkreisen, in denen sich Hunderttausende ehrenamtlich zur Unterstützung der Flüchtlinge betätigen. Merkel kann sich mit ihrer Flüchtlingspolitik in der CDU vor allem auf den breiten christlichen Flügel stützen und auch Seehofer hat es in der CSU mit diesem Flügel zu tun. Mehr noch sind die „Christen in der AfD" zeitweilig zusammengebrochen da viele auch führende Mitglieder ausgetreten sind. International greift auch der Papst gegen Populisten in Polen oder in Österreich z.B. ein.
Eigentlich wollte sich die AfD jedoch auch auf die größer gewordenen Freikirchen stützen aber auch dort möchte man mit der populistischen Denkweise mehrheitlich und immer mehr nichts zu tun haben. Auch die Evangelische Allianz der Freikirchen stellt sich gegen die Populisten. Hinzu kommt das die extrem fundamentalistischen Sekten oft eigene Kleinparteien und Interessen haben.
Man kann sicherlich feststellen das die Populisten auf dem Gebiet der Religion eine schwere Niederlage erlitten haben, vor allem wegen der Moral und der Natur des Menschen überhaupt.
Die populistische Denkweise kann und konnte sich jedoch mehr auf die ebenfalls weltanschauliche Vereinigung der „neuen Atheisten" usw. stützen. Gerade dort ist viel mehr als in den Religionen die Denkweise des Friedrich Nietzsche und der Idealismus usw. verankert. Ihr oberflächlicher Glaube ist das die Gesellschaft vollkommen vom menschlichen Denken abhängig ist. So sind für sie die Religionen das ganze Übel der Welt und der gesamten Geschichte der Menschheit. Besonders aber „der Islam", der angeblich eben nur geistig „die Aufklärung" verpaßt habe (Michael Schmidt-Salomon, Humanistisches Manifest der GBS) und das die Länder und Menschen dort nicht wegen dem globalen Kapitalismus sondern wegen dem Islam so arm seien und flüchten müssen. Trotz Faschismus, Kolonialismus usw. ist Europa angeblich „Humanistisch" und das die Welt ein ganzes mit Wechselwirkungen und materiellen Grundlagen ist, wird bestritten. Die Gjordano Bruno Stiftung führte als einer der Vorreiter des antiislamischen Rassismus sogenannte „Anti Islam Konferenzen" durch. Dort durften wichtige Mitglieder wie der inzwischen verstorbene Ralph Giordano ihre Volksverhetzung betreiben. Wie Giordano sind viele weitere zeitweilig führende Antitheisten dieser Stiftung wie Mina Ahadi, Hamed Abdel-Samad auch Stars der extremen Nazi Plattform „PI News" sowie Fans von Sarazin und Konsorten.
Andere Vereinigungen der „Atheisten" wie der Bund der Konfessionslosen (IBKA) und die Humanistische Union (HU) folgen diesem Populismus zumindest nicht.
Bei den Parteien gibt es teils heftige ausseinandersetzungen mit populistischen Politikern und ihrem jeweiligen Anhang. Die SPD hat Sarrazin der wegen Rückhalt durch „Parteiprominenz" nicht aus der Partei ausgeschlossen werden konnte und weitere populistische Politiker. Die Union hat Seehofer und seine Unterstützer. Die Grünen haben auch ihren Boris Palmer und Die Linke hat Wagenknecht. Letztere hat die „moralische Argumentation" der Gegner des Populismus schon öfter angegriffen. Es ist ihr Recht als „Atheistin" gegen die Moral zu sein aber Marxisten sind jedenfalls nicht gegen die Moral. Der wissenschaftliche Sozialismus ist die Umsetzung der Moral weil er die tieferen Prozesse in der Gesellschaft aufzeigt und der menschlichen Moral und Natur den Weg Ebnet.
So bilden sich derzeit in wichtigen Auseinandersetzungen wie gegen den Populismus aber auch beim Kampf für den Frieden und mehr soziale Gerechtigkeit auf Basis der Moral gemeinsame Fronten von Linken und Religionen. Dies ist auch dadurch hervorgerufen das es in Religionen und Parteien mehr basisdemokratische Vernetzungen gibt und massiv Druck von unten für Reformen kommt.
Natürlich gibt es Themen wo Marxisten und Religionen nicht gleicher Ansicht sind oder wo die Religionen in einem Diskussionsprozess sind. Anstatt für die christliche Familie oder der Ehe für Alle sind Marxisten z.B. für die Aufhebung der Familie, des Privateigentumes und des Staats (Kommunistisches Manifest z.B.).
Hier gilt es das breite Spektrum der Religionen zu beobachten und gegebenenfalls zu kommentieren. Auch der Islam ist in sich tief gespalten in ein ganzes Konglomerat von Religionen und Richtungen. Auch diese Religion muss über das Kapitalistische System aufgeklärt werden und es muss apelliert werden, der populistischen Denkweise energisch entgegenzutreten. Befreiungstheologie hat auch im Islam Zukunft und überhaupt ist auch dort die Moral verankert. Der interreligiöse Dialog zwischen Christentum und Islam etwa, ist auch ein guter Ansatz
Die Front verläuft also nicht zwischen Religionen, Ideologien, Nationen oder Rassen und auch nicht zwischen Parteien. Die Front ist die Moral und die menschliche Natur die gegen den unmenschlichen Populismus, Krieg, Ausbeutung und Kapitalismus verteidigt werden muss.
Wir fallen Niemandem in den Rücken nur weil er vielleicht nur eine Stunde, nur einen Tag oder nur eine Woche gegen den Populismus und für die Moral kämpfen kann. Marxisten machen die Moral stärker und greifen die Populisten an
1.3. 2018
Siegfried Buttenmüller