Klasse gegen Klasse?

Gegen das System!

Die Redaktion möchte mit diesem Text das Thema „Klassenkampf" aufgreifen, das derzeit von Teilen der geschwächten „radikalen Linken" propagiert wird.

Karl Marx entdeckte, dass der Klassenkampf der Motor der Geschichte ist. Die Spaltung der Gesellschaft in Klassen ist eines der zentralen Theoreme des Marxismus. Dieses Theorem ist jedoch nicht persönlich zu nehmen, sondern ein wissenschaftliches Werkzeug zur Analyse der Gesellschaft und des Systems. Marx plädierte dafür, die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden – was nur durch die Ersetzung des Systems möglich ist. Er betonte, dass dafür letztlich eine Revolution nötig sein wird, und hob hervor, dass die Arbeiterklasse nicht einfach kapitalistische Institutionen wie Parlamente übernehmen kann, wenn sie das System überwinden will.

Das kapitalistische System braucht und erzeugt immer herrschende Klassen, da es sonst nicht bestehen kann. Selbst wenn (noch) keine Kapitalistenklasse existiert, übernehmen Bürokraten die Kontrolle über die wesentlichen Produktionsmittel und bilden die herrschende Klasse.

Der reine Klassenkampf ändert jedoch am System letztlich nichts. Natürlich ist es begrüßenswert und zu fördern, wenn sich unterdrückte Schichten und Klassen gegen Unterdrückung und die Abwälzung von Krisenfolgen wehren und sich in Bewegungen organisieren, um Widerstand zu leisten. Die Stoßrichtung dieser Bewegungen muss jedoch gegen das kapitalistische System gerichtet sein. Andernfalls kann man sie nur anfänglich und kritisch unterstützen. Ohne diese Ausrichtung geraten die Bewegungen immer auf einen kapitalistischen Kurs und werden im Erfolgsfall selbst zu kapitalistischen Unterdrückern.

Beispiele hierfür gibt es zuhauf: So streben „Nationalbewegungen" oft nicht nur die Befreiung ihrer „Nationalität" an, sondern auch Hegemonie und Unterdrückung gegenüber Menschen, die sie nicht zu ihrem Kreis zählen. Eine Frauenbewegung, die sich nicht gegen das kapitalistische System richtet, wird vor allem den persönlichen Profit der Funktionärinnen und der „Organisation" im Auge haben. Ähnliches wurde auch bei der Bewegung „Black Lives Matter" beobachtet, um nur einige Beispiele zu nennen.

Es kommt jedoch auch auf den Kern einer Bewegung an: Was sie ist und was sie anstrebt. Eine „Nationalbewegung" hat immer einen reaktionären Kern, da die Nation selbst ein Kunstprodukt der herrschenden Klassen und ein Ergebnis der ökonomischen Machtverhältnisse ist. Rechte und Faschisten haben ihren Ursprung oft in „nationalen Befreiungsbewegungen", die vom herrschenden Kapital und privilegierten Bürokraten gefördert und instrumentalisiert werden – ähnlich wie religiöse Bewegungen.

Aber auch auf der „Linken" gibt es kapitalistische „Bewegungen", wie etwa Lohnarbeiterbewegungen, die die kapitalistische Lohnarbeit nicht in Frage stellen. Für Karl Marx war die Überwindung der kapitalistischen Lohnarbeit eine zentrale Forderung, die sich gegen das System selbst richtet. Wer nur für Lohnarbeit, deren Erhalt und „soziale Gestaltung" eintritt, ist im Kern so reaktionär wie Nationalbewegungen, da die Lohnarbeit – neben Profiten, Preisen und Banken – den Kern des Kapitalismus bildet. Dort, wo lediglich Lohnarbeit propagiert wird, finden auch reaktionäre Nationalbewegungen fruchtbaren Boden, denn die Lohnarbeit braucht den nationalen Kapitalismus.

Eine wichtige Frage ist zudem die Organisationsfrage, auf deren Basis der Klassenkampf geführt wird. Eine selbsternannte und geheime „Avantgarde" der Lohnarbeiterklasse, die sich nicht einmal gegen das kapitalistische System positioniert, kann keinen Beitrag zur Überwindung des Systems leisten. Das gilt ebenso für Parteien, die von oben organisiert sind und selbst auf Lohnarbeit und Profit basieren. 

Klassenkampf muss daher in erster Linie ein Kampf gegen das kapitalistische System sein – nur so kann er dauerhaft erfolgreich sein. Klassenkampf ist kein Selbstzweck oder Ziel, sondern ein Mittel zum Zweck der Überwindung der Klassengesellschaft und Befreiung der Menschheit überhaupt.

Redaktion, 26 Februar 2025