Was planen die Soldatenräte?
Putsch in Madagaskar!
Die große Insel Madagaskar, oft auch als "achter Kontinent" bezeichnet, zählt seit jeher zu den ärmsten Ländern der Welt. Die Situation für die breite Masse der Bevölkerung, für Arbeiter und Jugendliche, hat sich in den letzten Monaten noch erheblich verschärft. Dies liegt zum einen an den hohen Zöllen, die US-Präsident Trump auf madagassische Produkte verhängt hat, und zum anderen an der schweren Krise der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich, die auf der Insel nach wie vor großen Einfluss besitzt.
Massendemonstrationen gegen die untragbaren Lebensbedingungen führten im September zu einer schweren Regierungskrise. Im Verlauf dieser Krise verweigerten Teile des Militärs den Befehl, schossen nicht länger auf die Demonstrierenden und schlossen sich ihnen sogar an.
Das CAPSAT (Corps d'armée des personnels et des services administratifs et techniques) stellt in Madagaskar de facto einen informellen Staat im Staate dar. Diese Einheit hat bereits alle bisherigen Präsidenten gestürzt und neue ernannt. Nun hat das CAPSAT auch den amtierenden Präsidenten gestürzt und seinen eigenen Befehlshaber, Oberst Michael Randrianirina, zum Übergangspräsidenten ernannt.
Das CAPSAT ist nicht nur die Eliteeinheit der madagassischen Armee, es kontrolliert auch die Soldzahlungen, die Personalpolitik und die gesamte Logistik der restlichen Armeeteile sowie anderer Sicherheitskräfte. Darüber hinaus bekleiden CAPSAT-Mitglieder wichtige Positionen in Wirtschaft und Politik. So war der jetzige Chef des CAPSAT und nunmehrige Übergangspräsident zeitweise Gouverneur des Bundesstaates Androy, bevor er zu seinem Posten beim CAPSAT zurückkehrte.
Er war ein Kritiker des nun gestürzten Präsidenten, der ihn wegen "Putschbestrebungen" anklagen lassen wollte – ein Vorhaben, das jedoch am Widerstand des CAPSAT scheiterte.
Durch die veränderte außen- und innenpolitische Lage sah sich die Mehrheit des CAPSAT nun zum Handeln gezwungen. Sie trat die Flucht nach vorne an und stellte sich an die Spitze der Proteste.
Bei den Protesten in Madagaskar spielen natürlich auch die erfolgreichen Aufstände und Befreiungsbewegungen in anderen Teilen Afrikas, wie etwa in der Sahelzone, eine Vorbildrolle. Eine Abkehr vom Westen und eine Hinwendung zu Russland, China oder Indien wird als Alternative und Lösung der Krise propagiert.
Durch die anhaltenden Aufstände drohte auch dem CAPSAT ein Bedeutungsverlust, zumal sich Teile der Armee bereits den Protesten angeschlossen hatten.
Der neue Militärrat hat bislang kein politisches Programm vorgelegt, sondern lediglich den Präsidenten abgesetzt und den Senat aufgelöst.
Die humanitären Probleme in Madagaskar müssen dringend gelöst werden: Alle Menschen brauchen ausreichend sauberes Wasser, Nahrungsmittel, Unterkünfte, Energie und eine funktionierende Gesundheitsversorgung. Seuchen wie Pest und Cholera müssen endgültig besiegt werden.
Kurz gesagt, es bedarf der Teilhabe und Beteiligung aller Menschen, um die Krise zu überwinden und eine Zukunftsperspektive zu eröffnen. Mit den kapitalistischen Methoden der Vergangenheit ist dies unmöglich. Sollte sich das CAPSAT diesem notwendigen Weg verweigern, werden die Massen erneut aktiv werden.
Redaktion Afrika, 17.10.2015